Am Dienstag 08.09.2020 beschäftigte sich der Bauausschuss mit dem Problem. Der Tagesordnungspunkt lautete harmlos „Sanierung der Bäder in der Gemeinschaftsunterkunft Riedenburg“ – doch er hatte es angesichts der angespannten Finanzlage der Stadt in sich.
Auslöser ist die Tatsache, dass die Bäder in 27 Einzelzimmern des Gebäudes, das seit vielen Jahren als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber genutzt wird, in einem, wie Bürgermeister Thomas Zehetbauer (CWG) es nannte, „teilweise desolaten Zustand“ sind. Durch massiven Befall mit Schimmelpilz bestehe eine ernsthafte Gefahr für die Gesundheit der Bewohner. „Die Bäder sind in einem äußerst traurigen Zustand und deshalb gibt es Handlungsbedarf“, erklärte das Stadtoberhaupt. Denn die Kommune sei verantwortlich für die Gesundheit der dort wohnenden Menschen.
Da die Zimmer größtenteils bewohnt sind, verzichtete der Bauausschuss auf eine Begehung. Aber Sebastian Pirzer vom Bauamt hatte sich zuvor ein Bild von der Lage gemacht und informierte das Gremium anhand zahlreicher Bilder. Da in den fensterlosen Bädern die meisten Lüfter kaputt sind, seien durch die ständige Feuchtigkeit unzählige Stockflecken entstanden. Es sammle sich Schwitzwasser. Außerdem seien Fliesen lose oder weggebrochen. Die Verfugung sei marode, durch die porösen Fugen dringe Wasser in Teile des Gebäudes. Die Holztüren seien morsch, Waschbecken gebrochen und Lampen kaputt.
Die Badezimmer wurden im Jahr 1976 gebaut, als in dem früheren Bürogebäude vorübergehend eine Managerschule eingezogen war. Nach der Besichtigung aller 27 Bäder war Pirzer zu der Erkenntnis gelangt, dass unbedingt etwas unternommen werden müsse, um eine dauerhafte Schädigung der Bausubstanz zu verhindern. Nach seinen Berechnungen kosten erste notdürftige Sanierungsarbeiten, wie zum Beispiel der Einbau neuer Lüfter und die Reparatur der Fliesenfugen, rund 15000 Euro brutto. Es handle sich um eine „Rettungsaktion“. Mit der von ihm genannten Summe stieß Pirzer aber bei mehreren Stadträten auf massive Skepsis.
Das Gebäude war im September 2017 von der Stadt für 800000 Euro gekauft worden. Der vorherige Eigentümer war der Landkreis Kelheim. Die dazugehörige Grundstücksfläche beträgt etwa 800 Quadratmeter. Da das Gebäude bereits zu diesem Zeitpunkt als Gemeinschaftsunterkunft an die Regierung von Niederbayern vermietet war, wird die Stadt bis zum Ende der Laufzeit des Mietvertrages im September 2021 insgesamt 360000 Euro einnehmen, was eine Jahresmiete von etwa 90000 Euro bedeutet.
Wie es Ende kommenden Jahres nach dem Auslaufen des Mietvertrages weitergehen soll, ist völlig unklar. Nach einer ersten Abschätzung der Stadtverwaltung, werde es für eine etwaige umfassende Sanierung, die nach ersten Berechnungen 925000 Euro brutto kosten könnte (siehe eigenen Bericht), keine staatlichen Fördermittel geben, erklärte Bürgermeister Zehetbauer. Die Regierung von Niederbayern warte aber auf ein Angebot der Stadt, ob der Mietvertrag verlängert werden soll. „Wir haben derzeit relativ hohe Grundeinnahmen pro Quadratmeter“, sagte Zehetbauer. Er befürchte aber, dass sich der aktuelle Mietpreis in einem neuen Mietvertrag nicht mehr werde erzielen lassen.
Stadtrat Siegfried Lösch (CSU) forderte den Bürgermeister auf, herauszufinden, wie viel die Bezirksregierung in Zukunft bereit wäre, für das Gebäude zu bezahlen. „Wir hatten Mieteinnahmen, nun müssen wir investieren“, forderte Lösch. Zudem habe man nach dem Auslaufen des Mietvertrages im Herbst nächsten Jahres alle Möglichkeiten der Nutzung.
Stadtrat Konrad Halbig (CWG) äußerte die Überzeugung, dass der Mieter, also die Regierung von Niederbayern, verantwortlich sei für den Zustand der Zimmer und Bäder. Beim Auslaufen des Mietvertrages müssten die Räume im früheren Zustand zurückgegeben werden. Dem widersprach der Bürgermeister mit der Begründung, dass das vom Inhalt des Mietvertrages abhänge.
Der SPD-Fraktionssprecher Eric Hock befürchtete, dass nicht nur die Lüfter kaputt sein könnten, sondern dass auch die dahinterliegenden Abluftleitungen durchgerostet sein dürften. Er regte eine Kamerabefahrung der gesamten Lüftungsanlage an. Eine Kostenberechnung hielt Hock zum derzeitigen Zeitpunkt für nicht möglich, weil niemand wisse, was unter Decken und hinter Mauern noch zum Vorschein kommen werde. Da es in der Riedenburger Gemeinschaftsunterkunft kaum Zwischenfälle gebe, sei der Standort bei der Regierung von Niederbayern wohlgelitten. Daraus schloss Hock, dass sich eine weitere Vermietung und Nutzung durch einquartierte Migranten durchaus rechnen könnte. Der SPD-Stadtrat schloss nicht aus, dass bald auch wieder mehr Flüchtlinge nach Bayern kommen könnten.
Kurt Schiefer, der Fraktionssprecher der Bürgerliste, schätzte die Kosten allein für die notdürftige Sanierung der Bäder auf 30000 bis 50000 Euro. Er verlangte, frühzeitig über die künftige Nutzung des Gebäudes nachzudenken, um im Haushalt entsprechend planen zu können.
Dem pflichtete Annette Eichenseer (CWG) bei. „Die 15000 Euro reichen hinten und vorne nicht“, prophezeite die Architektin. Die Stadt werde ein Vielfaches der zu erwartenden Mieteinnahmen investieren müssen, befürchtete sie und ging von mindestens 100000 Euro an Sanierungskosten für die Bäder aus. „Das ist eine schlechte Rechnung“, lautete Eichenseers Fazit. „Es ist schade um jeden Pfennig, den man hier investiert. “ Sie brachte stattdessen eine vorzeitige Auflösung des Mietvertrages in die Diskussion.
Auch Vize-Bürgermeister Martin Schwarzmeier (Bürgerliste) schenkte den Berechnungen der Stadt keinen Glauben. „15000 Euro Gesamtkosten würden gut 500 Euro Kosten pro Wohnung bedeuten. Das reicht nie aus. „
Die CSU-Stadträtin Karin Dachs plädierte für eine kurzfristige Sanierung der Bäder, denn darin könne niemand leben. Dieser Auffassung schlossen sich am Ende der Debatte fast alle Stadträte an. Gegen die Stimme von Annette Eichenseer wurde beschlossen, dem Stadtrat eine „kurzfristige und kostengünstige“ Sanierung der Bäder zu empfehlen.